Burgholzhausen-info/ Oktober 13, 2019

Ein Kommentar

Ende August wurde eine besondere Kooperation der TaunusSparkasse mit der Frankfurter Volksbank bekannt gegeben. An 26 Standorten sollen Kunden zukünftig an unterschiedlichen Wochentagen mal Mitarbeiter der Sparkasse, mal Mitarbeiter der Volksbank antreffen. Zwei Konkurrenten teilen sich Kosten für die Infrastruktur und erhoffen sich so Ersparnisse und gleichzeitig eine Stärkung ihrer eigenen Position am Markt. Vor einigen Wochen hieß es in der Wirtschaftswoche, dass „Basisdienstleistungen wie etwa Geldabheben sollen durchgehend für alle Kunden über Automaten angeboten werden.“ Die beiden Geldinstitute stehen nicht allein vor Herausforderungen, der gesamte Finanzmarkt ist betroffen, neue Wege werden gesucht, um sich zukunftsfähig für die kommenden Jahre am Markt zu positionieren. Die Negativzinspolitik der Europäischen Zentralbank wirkt und setzt die Banken zunehmend unter Druck ihre Kosten zu reduzieren. 45 Zweigstellen hat die TaunusSparkasse im Hochtaunus- und Maintaunuskreis. Über weitere Schließungen wird vorerst nicht gesprochen.

Kurz vorher hing in Burgholzhausen ein simpler Aushang, der die Kunden darauf hinwies, dass zukünftig Beratungsgespräche nur noch auf Anfrage in Burgholzhausen stattfinden. Die Kunden nehmen es hin und verstehen die Gründe der Wirtschaftlichkeit. Das Internet ist heutzutage hilfreich und erleichtert die Vorabinformation zu vielen finanziellen Fragen, so dass richtige Beratungsgespräche häufig gezielter geplant werden können. Doch nun das. Die Filiale Burgholzhausen wird zum 31. Oktober 2019 komplett geschlossen, es wird keinen Geldautomaten mehr für Aus- und Einzahlungen geben geschweige denn SB-Automaten für andere Bankgeschäfte, die inzwischen selbstverständlich geworden sind. Wir leben im Zeitalter der Digitalisierung, dem kann sich wohl keiner langfristig entziehen. Heute nutzen viele Kunden bereits Tablet oder Smartphone um Geldgeschäfte zu erledigen, was unwillkürlich zu sinkenden „Nutzerzahlen“ führt. Vieles ist auch bequem für den Kunden, vieles aber auch einfach nur lästig. Längst sind nicht alle Kunden bereit zu einer Umstellung, sei es aus mangelnden technischen Möglichkeiten, Unkenntnis, oder auch ganz bewusst, um ein Risiko von Datenklau zu minimieren. Denn eine Verlagerung von Bankgeschäften auf den PC des Kunden bedeutet natürlich, dass die Bank weniger technische Geräte vorhalten muss. Wie praktisch ist es doch, wenn der Kunde bei Bedarf seine Kontenbewegungen zuhause auf dem eigenen privaten Drucker selbst ausdruckt und dadurch der Bank hilft Kosten zu senken. Wieviel Druckerpatronen kosten, weiß jeder private PC-Nutzer. Eine interessante Frage ist es vielleicht auch, wie teuer ein Geldautomat überhaupt ist und wie diese Kosten zu einer Bilanzsumme von 5,653 Milliarden Euro in 2018 in Relation stehen?

Geldautomat und der Bäcker

1968 wurde der erste Geldautomat in Deutschland von einer Kreissparkasse in Tübingen nach englischem Vorbild übernommen und installiert. Damals war er nur für zugänglich für eine kleine Zahl von ausgewählten Kunden. Erst mit der Einführung der EC-Karte kam 10 Jahre später die weitere Ausbreitung und ein Höhenflug des anfangs mit Argwohn betrachteten Gerätes und einem ständig erweiterten Automatennetz. Längst kann man nicht nur Bargeld abheben, viele Unternehmen oder auch Privatleute nutzen ihn sogar für Einzahlungen von Tageseinnahmen. Genaue Zahlen über die Kosten eines Geldautomaten kann man nur erahnen. Im Internet findet man aus Recherchen von Zeitungen Beträge zwischen 20.000 und 25.000 Euro als Unterhaltskosten benannt. Dazu kommen Anschaffungskosten von rund 10.000 Euro bei einer durchschnittlichen Lebensdauer von 10 Jahren. Schaut man sich weiter um, zum Beispiel auf Seiten von Automatenherstellern, findet man Werbeversprechen, die auch Unternehmen außerhalb der Finanzbranche einen Geldautomaten schmackhaft machen und schnell steigende zusätzliche Kundenzahlen versprechen. Und das ist genau das, was im Umkehrschluss in Burgholzhausen oder anderen kleineren Stadtteilen und Orten die Krux ist: verschwindet der Geldautomat im Stadtteil, verliert der Stadtteil einen wichtigen Frequenzpunkt. Geschäfte in der Nachbarschaft leiden mit, weil die Kunden abwandern und ihre Geschäfte dort erledigen, wo sie ihre Einkaufswege bündeln können. Der einzige verbliebene Bäcker in Burgholzhausen kämpft längst mit, die Öffnungszeiten sind bereits reduziert.

Anstalt des öffentlichen Rechts

Genauso wie bei den Volksbanken ist die große Stärke der TaunusSparkasse ein „Filialnetz vor Ort beim Kunden“. Diese Philosophie soll auch weiterhin verfolgt werden, wenn man den Bekräftigungen von Oliver Klink, Vorstandsvorsitzender der TaunusSparkasse, nach der Veröffentlichung des Projektes mit den gemeinsamen Filialen mit der Voba Glauben schenken kann. Der Wegfall einer mit Personal besetzten Filiale mag in heutiger Zeit wirtschaftlich sehr vertretbar und für viele Kunden auch nachvollziehbar sein. Aber eine Bank wie die TaunusSparkasse ist als „Anstalt des öffentlichen Rechts“ auch in der Verantwortung. Landrat Ulrich Krebs ist Vorsitzender des Verwaltungsrates, zu weiteren Mitgliedern zählen bekannte politische Namen wie Jürgen Banzer, Ellen Enslin oder der Bad Homburger OB Alexander Hetjes. Die Politik ist bei der TaunusSparkasse vertreten und hat Möglichkeiten die Zukunft mitzusteuern und die Geschwindigkeit mit zu beeinflussen, in der Basisdienstleistungen den Kunden zugänglich bleiben.

TaunusSparkasse: sinkende Kundenfrequenz

Bei der TaunusSparkasse nach konkreten Gründen für die Schließung nachgefragt, antwortete Pressesprecher Lars Dieckmann offen: „Unsere Kunden nutzen seit geraumer Zeit immer öfter das Telefon, die App oder das Internet, um ihre Bankangelegenheiten zu regeln. Dies führt auch zu einer deutlich sinkenden Kundenfrequenz insgesamt in den Filialen – so auch in Burgholzhausen. Trotz zahlreicher Ideen, wie wir den Standort weiter aufrechterhalten könnten, mussten wir diese sicher für einige Kunden schwierige Entscheidung treffen.“ Er verweist auf die Möglichkeiten, Filialen in Ober-Erlenbach, Friedrichsdorf, Köppern oder Seulberg zu nutzen.

Einen alternativen Standort in Burgholzhausen hat man jedoch nicht wirklich gesucht, wie die Burgholzhäuser Gerüchteküche vermutet hatte. Doch Lars Dieckmann bestätigt, dass sich die Bank wohl Gedanken darüber gemacht hat: „Wir haben diese Option geprüft. Ein anderer Standort hätte die Situation nicht positiv verändert.“

Angebot: Abholservice für die Burgholzhäuser Kunden

Gleichzeitig bietet die Bank den Burgholzhäuser Kunden einen besonderen Service an. „Die Kunden, die keine Möglichkeit haben, diese Geschäftsstellen zu erreichen, können sich gerne über unser Kunden-Center telefonisch unter 06172/270-0, per Mail: kundenservice@taunus-sparkasse.de, unter taunussparkasse.de oder über unsere App mit uns in Verbindung setzen. Wir organisieren dann die Fahrt.“  Ein Schelm, wer da Böses denkt!

Filialschließung auch in Rodheim

Rund 3500 Einwohner hat der Stadtteil Burgholzhausen, natürlich sind längst nicht alle Kunden der TaunusSparkasse. Die Post bietet ihr Bankgeschäft schon mehrere Jahre nicht mehr an. Die Wetterauer Volksbank schloss schon vor mehr als 20 Jahren ihre Filiale in der Haingasse. Aber sie hat damals viele Kunden mitgenommen, die heute noch ihre Bankgeschäfte in Rodheim erledigen. Längst firmiert sie als Volksbank Mittelhessen. Doch auch hier steht in Kürze eine Filialschließung bevor. Rodheim wird ein ähnliches Schicksal treffen wie Burgholzhausen, ob mit oder ohne Geldautomat entzieht sich meiner Kenntnis. Sollte gerade diese Tatsache der TaunusSparkasse nicht Ansporn sein, Burgholzhäuser Kunden wieder als Kunden der TaunusSparkasse zurückzugewinnen – durch einen Service, der heute zum Standard gehört?

Sicherlich ist es ein großes Wunschdenken, wenigstens die nächsten fünf Jahre weiter dem Standort Burgholzhausen zumindest mit Geldautomat und SB-Terminals eine neue Chance zu geben. Schade, dass eine Sparkasse, deren Verwaltungsrat aus vielen Politikern der Region besteht, sich der Verantwortung entzieht, auch Orten mit kleinerer Infrastruktur eine solide Nahversorgung zu ermöglichen. Bürgermeister Horst Burghardt zeigte sich informiert vom Vorstand der TaunusSparkasse. „Meiner Bitte, wenigstens eine SB-Möglichkeit zu erhalten, wurde aus wirtschaftlichen Gründen nicht entsprochen. Die Nutzerzahlen seien derartig gering, dass ein Weiterbetrieb ausgeschlossen ist.“ Er bedaure diese Entwicklung, habe aber auch Verständnis für die wirtschaftlichen Gegebenheiten. Genaue Zahlen hatte er nicht im mehr im Kopf.

Kunden denken anders

Viele Kunden der TaunusSparkasse sehen dies natürlich anders, denn wenn man mit anderen Kunden an den SB-Terminals oder am Geldautomaten ins Gespräch kommt, ist der Tenor eindeutig: die Automaten werden regelmäßig genutzt, es sei denn sie fallen wie unlängst für einige Tage aus. Wie hoch die Messlatte bei den Nutzerzahlen liegt, ließ sich leider nicht genau in Erfahrung bringen.

Andere Friedrichsdorfer Politiker und auch der Burgholzhäuser Ortsvorsteher und dessen Vertreter haben sich zur Schließung nicht geäußert. Einzig die FDP rührte sich und zeigte sich überrascht, dass jetzt doch auch Geldautomat und SB-Terminals wegfallen sollen. Hanno Steingrube war der Meinung, „wenn wir etwas erreichen wollen, geht das m.E. nur gemeinsam“ auch mit Hilfe des Bürgermeisters. Horst Burghardt müsste versuchen, seinen Einfluss geltend zu machen.

Dem ist wohl so. Doch wie soll ein „David gegen Goliath“ zum Erfolg führen, wenn es keinen interessiert? Die Bank selbst geht mit ihrer Kommunikationsstrategie wohl einen heimlich-still-und-leise-Weg. Erst im August die kurzfristige Ankündigung des Beratungscenters, die Zettel hängen jetzt noch da und empfehlen den Besuch der Friedrichsdorfer Filiale. Jetzt auch nur ein einziger Aushang neben dem Geldautomaten, der auf das Aus hinweist. Aufgehängt nach dem Monatsanfang, geschickt terminiert, damit es einige Kunden wirklich nicht gleich mitbekommen und aufschreien. Denn es ist ja scheinbar auch nicht notwendig und gehört nicht mehr zum guten Stil, Burgholzhäuser Bankkunden persönlich und schriftlich über die Schließung zu informieren. Da hilft auch nicht das vermeintlich noble Angebot mit dem „Abholservice nach Bedarf“ und das freundliche Gespräch mit dem Pressevertreter der Bank.

Dieser Aushang neben dem Geldautomat ist der einzige Hinweis auf die endgültige Schließung.

Nutzerzahlen: rentabler machen oder Messlatte senken?

Was muss man tun, um die Nutzerzahlen wieder rentabler zu machen? Jeden Burgholzhäuser oder Friedrichsdorfer auffordern, ab sofort nur noch in Burgholzhausen die Automaten zu nutzen? Wunschdenken. Aber Bankkunden: aufgewacht! Heute ist es Burgholzhausen, morgen Seulberg, übermorgen Köppern oder Ober-Erlenbach. Wie ein Hohn wirkt der Spruch auf der Internetseite der TaunusSparkasse „Der Mensch im Mittelpunkt – immer und überall.“ Nein, es ist der schnöde Mammon.

Bis zum 31. Oktober 2019 sind es noch genau 18 Tage. Jetzt muss gehandelt werden, ist der Geldautomat einmal weg, ist selbst eine SB-Filiale vor Ort in Burgholzhausen unwiederbringlich Geschichte. (SN)

Bald Burgholzhäuser Geschichte