Burgholzhausen-info/ März 9, 2022

Wieder zurück: 90 Tonnen Spenden sind angekommen

Die Fahrerinnen und Fahrer des Burgholzhäuser Hilfskonvois sind alle wieder gesund zurück aus Hrebenne, einem Ort direkt an der Grenze zwischen Polen und der Ukraine. Sie haben nicht nur über ein Dutzend Menschen aus der Gegend um Lwiw (Lemberg) mit nach Hessen gebracht, sondern jede Menge Eindrücke und Emotionen und den Dank verzweifelter Menschen. Eins haben sie geschafft: all Ihre Spenden sind auf direktem Weg zu den Menschen in der Gegend um Żółkiew in der Ukraine gelangt, einer Stadt mit rund 13.000 Einwohnern nördlich von Lemberg. Eine Verwandte von Paulina Mencel, eine der Initiatorinnen neben Aleksandra Götz-Schula, arbeitet in der Stadtverwaltung der Kleinstadt. So konnten über den direkten Draht zum dortigen Bürgermeister Oleg Volsky viele organisatorische Dinge auf kurzem Weg vorbereitet und geregelt werden.

Dienstagabend trafen sich die einige Fahrerteams und Organisatoren und ließen die Ereignisse Revue passieren.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Diese Mission war erfolgreich! Einige Fahrer und das Orga-Team beim Nachtreffen. Erlebnisse an der Grenze werden reflektiert.

Nachdem der Hilfskonvoi Samstagmorgen mit 4 LKW und 16 Sprintern mit rund 90 Tonnen Nahrungsmitteln, Hygieneartikeln, Medikamenten, Decken, Kinderwagen und warmer Bekleidung vom Parkplatz hinter der Burgholzhäuser Grundschule gestartet war, verlief die Fahrt für die Fahrer und Fahrerinnen aus Friedrichsdorf, Bad Homburg, Frankfurt, Königstein und Kransberg ereignislos. Gelegentlich wurde ein Foto vom ersten Stopp in Breslau oder dem Hotel gepostet, das sie gegen Mitternacht erreichten. Sie berichten von Begegnungen mit jungen Männern, meist Studenten, die ebenfalls auf den Weg in die Ukraine waren, aber mit einem anderen Ziel. Sie wurden zum Militärdienst einberufen. Paulina berichtet nachdenklich: „Sie waren so still.

Mehrere Stunden Wartezeit an der Grenze

Sonntagmorgen stießen die beiden 40-Tonner zu der Gruppe und zusammen fuhr man die letzten Kilometer in einer Kolonne zur Grenze. Die Papiere für den Transport waren vorab in nächtlichen Stunden für den Hilfskonvoi erstellt worden. Auch wenn für humanitäre Transporte besondere Abfertigungsregeln gelten und Spenden zoll- und gebührenfrei eingeführt werden können, müssen entsprechende Anmeldungen und Exportdeklarationen vorab erfolgen. Der Transport von Deutschland über Polen in die Ukraine ist genehmigungspflichtig. Selbst ein Plan über die Verteilung der Güter muss vorliegen. Zudem ändern sich derzeit aufgrund der aktuellen Krisenlage ständig Regeln, und so erfuhren sie erst an der Grenze, dass die großen LKW seit Sonntag nicht mehr wie geplant in die grüne Zone in der Ukraine einfahren durften. Vorher sollten aber noch viele weitere Stunden Wartezeit ins Land gehen, denn die polnischen Grenzer ließen den Transport nicht passieren, obwohl alle Unterlagen vorlagen. Es mutet absurd an, wenn man den weiteren Verlauf Revue passieren lässt. Als ein Vorgesetzter einige Stunden später Dienstbeginn hatte und Paulina erneut ihr Anliegen vortrug, meinte er nur salopp „Wir haben doch telefoniert, natürlich dürfen Sie rein.“

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Kurz vor dem Zoll warten die Sprinter des Burgholzhäuser Hilfskonvois bis es weitergeht. (Foto: Fahrerteam Ukraine-Hilfe Burgholzhausen)

So blieben mehrere Herausforderungen zu meistern: die LKW wurden in ein nahes Flüchtlingslager in einer alten Schule umgeleitet, und das Umladen musste dort wegen der inzwischen nahenden Dunkelheit für den Folgetag neu organisiert werden. Die Sprinter hingegen durften die Grenze passieren und in die rund 800 Meter lange neutrale Grenzzone einfahren. Dort wurden sie von Männern aus Żółkiew empfangen, die die Sprinter entluden. Mittendrin auch der 7,5-Tonner der Firma Arnold AG aus Friedrichsdorf. Letzten Donnerstag kontaktierte der Verein Aktives Friedrichsdorf die Geschäftsleitung mit der Frage, ob Kapazitäten für einen Transport zur Verfügung stehen würden. Die Zusage für den LKW mit zwei Fahrern kam umgehend, Freitag schon wurde in Burgholzhausen vor der Turnhalle beladen, Samstagmorgen um vier war Abfahrt. Warum Dennis Grimm und sein Kollege Jens Heyden durchgewunken wurden, muss man nicht verstehen. Dennis ist begeistert von dem Zusammenhalt. Für ihn war es selbstverständlich dabei zu sein und er würde jederzeit wieder hinfahren. „Alle haben an einem Strang gezogen. Die Sprinter waren in 20 Minuten abgeladen.“ Rund 50 – 70 Leute hatte Paulinas Tante dafür organisiert, die auch den Weitertransport und das Verteilen der dringend benötigten Güter in die Kleinstadt übernahmen. Der Sprinter mit den Medikamenten wurden bevorzugt abgeladen und die Pakete direkt zum Krankenhaus gebracht. Alle haben geweint, als sie die unerwarteten Mengen an gespendeten Hilfsgütern sahen.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

In der Mitte Paula Mencel, eine der Initiatorinnen dieser Hilfsaktion mit Familie, Freunden und Fahrern aus dem Konvoi. (Foto: Fahrerteam Ukraine-Hilfe Burgholzhausen)

Oliver Götz gibt Sonntagabend den Daheimgebliebenen in Burgholzhausen einen kurzen Zwischenbericht. „Die Sprinter wurden heute alle abgeladen und (die Fahrer) übernachten heute … noch in Polen. Zwei LKW sind noch dort und werden morgen entladen, da kommen zwei Transporter direkt aus der Ukraine. Ein Bus ist schon auf dem Rückweg, sie bringen auch Familien mit.“

Stumme Schreie

Eine Fahrerin berichtet von ihren Eindrücken im Flüchtlingslager in der alten Schule. „Es war sehr ruhig. Die Unterkunft war voller kleiner Kinder, aber man hörte keinen Mucks. Keines schrie oder weinte. Man mag sich nicht vorstellen, was diesen Kindern so eine Angst gemacht hat, dass sie verstummten. Jeder der Kinder hat weiß, dass das kein gutes Zeichen ist. Es ist ein schreckliches Zeichen. Es sind ganz viele stumme Schreie.“ Auf Bildern sieht man Feuertonnen, wo sich Menschen wärmen. Im Gebäude sei es eiskalt. Sie berichtet auch von der polnischen Bevölkerung, die „bis zur totalen Erschöpfung“ arbeiten und helfen, wo es geht. Ein Teil der Hilfsgüter ist direkt hier verblieben und lindert erste Not, denn die Vorräte in der überfüllten Unterkunft waren aufgebraucht.

Stefano Fadda vom Verein Aktives Friedrichsdorf, der mit einem vom Köpperner Unternehmen Meyer Logistik finanzierten Sprinter mitfuhr, bringt es auf den Punkt: „Wir sind im Namen der Menschlichkeit gefahren. Die gespendeten Sachen sind zu 100 Prozent angekommen.“

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Der vorwiegend mit Lebensmittel beladene LKW vom Getränkehandel August Wehrheim  steht am am Verladeplatz bereit. In der Nähe wärmen sich Menschen an einer Feuertonne. Aus Respekt werden keine Fotos von den Menschen gemacht (Foto: Fahrerteam Ukraine-Hilfe Burgholzhausen)

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Helfer entladen die beiden 40-Tonner (Foto: Fahrerteam Ukraine-Hilfe Burgholzhausen)

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Umladen direkt aus dem LKW der Firma Arnold AG aus Friedrichsdorf zum Weitertransport. (Foto: Fahrerteam Ukraine-Hilfe Burgholzhausen)

Extra ein Auto angeschafft

Menschen hatten um eine Mitfahrgelegenheit für Kinder nach Krakau gebeten, als sie von dem Transport über die sozialen Netzwerke hörten. Die meisten Leihsprinter sind jedoch für den Gütertransport ausgelegt und verfügen nicht über Sitze. Stefan Burkhardt hatte sich extra kurzfristig ein Fahrzeug angeschafft, Sitze eingebaut und das Auto gerade noch rechtzeitig durch den TÜV gefahren, damit er Menschen über die rund 1300 km lange Strecke zurücknehmen konnte. Ein älterer Mann und sein Enkel sind jetzt in Wehrheim, drei Frauen und ein Junge kamen in Gonzenheim unter. Mariusz Merda aus Frankfurt konnte 10 Personen in Sicherheit bringen. Zuerst wurden Kinder von der Grenze nach Krakau gebracht und dort Familienmitgliedern übergeben. Von Krakau aus fuhren weitere Flüchtlinge mit in den Taunus. Eine davon ist Maja. Sie fuhr über 11 Stunden von Warschau aus mit dem Zug, ihre Kinder waren schon vorgeschickt worden. Sie hatte nichts dabei als ihre Handtasche. Ihr Koffer wurde aus Platzgründen aus dem Zug geworfen, damit mehr Menschen Platz finden konnten.

Am Donnerstag werden rund 100 Menschen im Hochtaunuskreis erwartet. Eine Mitarbeiterin vom Landratsamt traf die Freiwilligen vom Burgholzhäuser Hilfskonvoi zufälligerweise an der ukrainischen Grenze. Inzwischen laufen die Vorbereitungen überall auf Hochtouren, Betten und längerfristige Unterkünfte im ganzen Hochtaunuskreis für die vertriebenen Familien zu finden und vorzubereiten.

Da sind Bilder, die gehen nicht aus dem Kopf. Fotos, die bei der Feedbackrunde nur kurz still gezeigt werden, von kleinen Kindern, die in einem schäbigen Keller geschützt untergebracht sind. Kopf an Kopf liegen sie auf langen Bänken entlang der Wand. Dazu vier oder fünf Babys nebeneinander in einem Bett. Ihre Eltern sind tot.

Geht es weiter?

Für Paulina Mencel und ihre Familie in Burgholzhausen ist es keine Frage, dass sie weiter helfen werden. Auch Aleksandra und Oliver Götz sind überzeugt, dass man jetzt nicht mit der Hilfe nachlassen darf. Doch sie überlegen, wie sie weitere Sammlungen auf einem anderen Weg möglich machen können und sind bereits in Kontakt mit einer Sammelstelle, die logistisch effektiver organisiert und längerfristig ausgelegt werden kann. Wichtig bleibt, dass die Menschen unterstützt werden, die aus der Ukraine heraus fliehen müssen, aber es müssen auch die Menschen erreicht werden, die in ihrem Land bleiben. Weitere Infos dazu folgen. (suno)

 

Kontaktdaten im Hochtaunuskreis

  • Sie haben eine Unterkunft, können bei Übersetzungen helfen? Melden Sie sich bei dem Netzwerk „Hochtaunuskreis hilft“ unter der E-Mailadresse hochtaunuskreis-hilft@hochtaunuskreis.de.
  • Sind Sie gerade aus der Ukraine angekommen, kontaktieren Sie ukraine@hochtaunuskreis.de. Hier wird Ihnen Hilfestellung in allen Bereichen angeboten. Bitte melden Sie sich auch auf der Ausländerbehörde des Landratsamtes.
  • Kleidung kann über den Verein Wir Friedrichsdorfer donnerstags in der sehr ordentlichen Kleiderkammer erhalten werden. (Internet Wir Friedrichsdorfer » Bedürftigenhilfe)