Burgholzhausen-info/ März 6, 2022

Frostig war es am Samstagmorgen um 6.30 Uhr. Trotzdem waren schon einige Menschen in der Dämmerung auf den Beinen, um die Fahrerinnen und Fahrer des Hilfskonvois aus Burgholzhausen zu verabschieden. Die Bäckerei Heberer aus Friedrichsdorf hatte frische Brötchen gespendet, ein Metzger Wurst. Getränke wurden verteilt. Die Fahrer versahen die Sprinter mit Aufklebern mit der ukrainischen Flagge, die den humanitären Konvoi kennzeichnen. Auf einigen stand „We support Ukraine“.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Die Sprinter und ein LKW starten vom Parkplatz hinter der Burgholzhäuser Grundschule. Die zwei 40-Tonner fahren separat wegen der einzuhaltenden Fahr- und Pausenzeiten

Man kommt zusammen, um letzte Hinweise für die Fahrt nach Polen auszutauschen: immer Licht an, 0 Alkohol, Mautgebühren müssen bar bezahlt werden, außer bei den großen LKW. Großen Wert wurde auf das Tanken gelegt. „Tankt sofort hinter der polnischen Grenze voll und füllt die Benzinkanister auf. Am besten tankt bei jedem Stopp nach“, so Ibrahim Fidan. Jedes Fahrzeug hat leere Benzinkanister bekommen zum Auffüllen für den Notfall. Hat jeder alle wichtigen Papiere, die das Fahrzeug als Teilnehmer der humanitären Fahrt kennzeichnen und zur Durchfahrt in der grünen Zone berechtigen? Hinweise zur Versicherung und Abrechnung. Notfall-Kontaktnummern wurden ausgetauscht, Ewa steht als Dolmetscherin ständig auf Abruf, Andrea wenn es Fragen zum Konvoi gibt. Fahrer Marius gibt sich als ADAC-Mitarbeiter zu erkennen und bietet Hilfe in Fall von technischen Problemen an. Er ist bestens mit deutschem und polnischem Handy und CB-Funk ausgestattet. Zusätzlich ist eine neue Facebook-Gruppe als Kommunikationshilfe erstellt worden.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Letztes Briefing vor der Fahrt

Ein 40-Tonner ist zu diesem Zeitpunkt bereits unterwegs, der zweite steht noch am Sportpark. Der Fahrer Piotr sieht frisch aus, obwohl er zusammen mit Niko, der Burgholzhäuser Feuerwehr und zwei Frauen und Männern am Vorabend noch bis nach 21.30 Uhr den LKW beladen hat. Auch Niko ist die ganzen letzten Tage bereits ganztägig im Einsatz. Er arbeitet bei Getränke-Wehrheim, der auch einen LKW zur Verfügung gestellt hat. Der steht bis an die Ladegrenze gefüllt mit Familienpaketen für die Erstversorgung ebenfalls am Parkplatz. Immer noch wird umgeladen: Medikamente, die Freitag noch abgegeben wurden, kamen in den richtigen Sprinter. Was am Vorabend nicht mehr in den LKW passte, wurde von Jana Höfleins Fahrzeug ebenfalls umgeladen. Aleksandra Götz (-Schula) und Paulina Mencer klären letzte Fragen mit den Fahrern.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

von links: Ibrahim (Ibo) Fidan, Paula Mencer, Oliver und Aleksandra Götz geben letzte Informationen für die Fahrt.

Oliver Götz ergreift kurz das Wort, erinnert wie die Woche angefangen hat, bedankt sich bei all den Helferinnen und Helfern, die diese logistische Meisterleistung mitgestemmt haben und u.a. auch beim TV Burgholzhausen. Die Fahrerteams schickt er auf den Weg „Fahrt vorsichtig, kommt gut an und kommt gut zurück“. Bürgermeister Lars Keitel hat es sich nicht nehmen lassen, zu dieser frühen Stunde ebenfalls nach Burgholzhausen zu kommen, sich ein Bild zu machen und den Fahrerinnen und Fahrern für ihren selbstlosen Einsatz zu danken.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Stefano Fadda vom Verein Aktives Friedrichsdorf fährt ebenfalls mit. Hier im Gespräch mit Jana und Lea Höflein, die beide in Burgholzhausen die ganze Woche bis spät in die Nachtstunden im Orgateam mitwirkten.

Die Route führt erst einmal rund 700 km nach Breslau, wo sich gegen 15 Uhr alle zu einem Zwischenstopp treffen sollten. Von dort aus geht es in zwei Etappen weiter Richtung Hrebenne, an der polnisch-ukrainischen Grenze. Weitere 570 km sind zu bewältigen. Gegen Mitternacht waren alle im Hotel, um von da aus am Sonntagmorgen nach Ankunft der LKW weiter gemeinsam im Konvoi die letzten 30-40 km in der grünen Zone bis zur Grenze bei Hrebenne zu fahren.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Bewegend: Die Initiatorinnen des Hilfskonvois liegen sich zum Abschied in den Armen – Paulina Mencer (links) und Aleksandra Götz (-Schula). Im Wagen warten Paulinas Eltern Wieslawa und Wieslaw “Willi” Mencer mit Hund.

 

Logistische Meisterleistung war Freitag zu bewältigen

Vorangegangen war ein arbeitsreicher Freitag, an dem alle Spenden in den Zwischenlagern eingesammelt und in die Sprinter und die LKW geladen werden mussten. Zudem mussten Papiere für die Fahrer vorbereitet, letzte Absprachen wegen der Unterkünfte und mit den Behörden getroffen werden, damit der Konvoi mit einem Greenpass ausgestattet werden konnte und so freie Fahrt bis zur Grenze hat. Vormittags kam noch eine Lebensmittelspende vom Nahkauf aus Neu-Anspach, die noch umgepackt wurde.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Eine Ladung Kinderwagen und Babysitze

Die Sprinter und auch die LKW standen dann doch schon zum Teil ab dem Vormittag zur Verfügung und die Beladung konnte schon früher als gedacht beginnen. Wieder war es fantastisch, wie immer wieder Menschen zur TVB-Turnhalle kamen und ihre Hilfe anboten. Die Herausforderungen des Tages waren vor allem die unterschiedlichen Standorte, die jetzt abgearbeitet werden mussten. Allein in Burgholzhausen musste neben der Turnhalle bei Kuchtas, in mehreren Garagen am Salzpfad und in der Holzhausenstraße und auf der Dairy Farm Wien eingeladen werden. Dazu kamen die Hallen in Ober-Erlenbach und beim Autohaus Weil. Es mussten an jedem Lagerort polnisch-sprachige Helfer mit dabei sein, da die Pakete auf Polnisch und Ukrainisch beschriftet werden mussten. (Lessons learned: falls wieder so eine Aktion notwendig sein sollte, auch auf Englisch und Deutsch!) Da fehlten leider zeitweise einige Helfer mit den richtigen Sprachkenntnissen oder waren gerade an anderen Standorten beschäftigt. Bei Wiens war schon am Donnerstag vorsortiert und die Paletten vorbereitet worden. Beim Aufladen auf den großen LKW stellte sich heraus, dass einige Paletten neu foliert werden mussten. Zwischenzeitlich wartete ein anderes Helferteam beim Autohaus Weil auf den gleichen LKW. Autos wurden dort extra weggefahren, damit der große Transporter an die Halle fahren konnte. Bei den frostigen Temperaturen muss die Geduld sehr erwähnt werden, die die Helfer dort aufbrachten. Immerhin wurden sie mit zwei leckeren Quiches belohnt, die jemand extra gebacken hatte. Die Logistik und Dynamik in einem solchen Projekt sind sicherlich neben der Kommunikation die größten Herausforderungen für eine als Privatinitiative im ursprünglich kleineren Rahmen gestartete Hilfsaktion, eine Herausforderung vor der auch Profiorganisationen Respekt haben.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Aleksandra Götz hat den Ladevorgang vor dem Autohaus Weil im Foto festgehalten. Die Helfer/innen hier hielten eine längere Weile bei eisigen Temperaturen im Freien aus, bis der LKW endlich kam und sie loslegen konnten. Danke!!

Am späten Nachmittag waren alle Standorte weitgehend aufgeladen. Die Burgholzhäuser Feuerwehr stand ab 16.00 Uhr mit 20 – 25 Personen (auch von Seulberg) abrufbereit, weitere Transporte vor Ort zu übernehmen und beim Einladen einzuspringen. Weitere gesammelte Hilfslieferungen wurden noch aus Wetzlar, Weilmünster und Eltville erwartet. Die Abholung von Eltville wurde dann kurzfristig von der Burgholzhäuser Feuerwehr übernommen. Die Zeit war geprägt von Wartezeiten. Die Turnhalle war zwischenzeitlich auch schon weitgehend aufgeräumt. Städtische Mitarbeiter hatten vormittags schon Müll abgeholt, der Rest wurde nachmittags von Freiwilligen zum Bauhof gefahren.

Ukraine-Hilfe Burgholzhausen

Ein letztes Mal heißt es Umladen am Sportpark am Freitagabend

Letztendlich war es 21.30 Uhr, als die letzten Spenden in den großen, bereits prallgefüllten, 40-Tonner geladen werden konnten. Das lange Fahrzeug parkte am Sportpark und konnte nicht an der Turnhalle vorfahren. Immens die logistische Leistung und die Bereitschaft der unzähligen Freiwilligen, die immer wieder bereitstanden, um zu helfen. Darunter ein junges Paar, sie aus der Ukraine, er aus Russland. Bis zum Nachmittag kamen Menschen, die noch Medikamente vorbeibrachten und immer wieder stand ein Spendenpaket wie aus dem Nichts plötzlich in der Halle. Hoffen wir, dass alles gut bei den Menschen ankommt, die jetzt so sehr darauf angewiesen sind.

Gerade erreicht uns die Nachricht, dass die ersten Fahrzeuge des Burgholzhäuser Konvois sicher an der Grenze angekommen sind.

 

Bildergalerie: Weitere Impressionen vom Freitag und Samstag

 

So fing es an: Sammelaktion für die Menschen in der Ukraine

Aktualisierung 6.3.22 19.30 Uhr